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Welt-Alzheimer-Tag 2003:
Seminar der DRK Alzheimer Beratungsstelle in Reutlingen

26.09.2003

Das Seminar „Alt – verwirrt - und trotzdem liebes bedürftig!?“ am 23.9.2003, gab Mitarbeiterinnen im Altenpflegebereich die Möglichkeit, sich mit dem „Tabu-Thema“ Sexualität alter und dementer Menschen auseinander zu setzen. 
Dr. Hans Jürgen Wilhelm, Soziologe und Leiter zweier Wohnstifte in der Pfalz, gab als Referent einen einführenden Überblick über die Thematik. In Kleingruppen konnten die Teilnehmerinnen dann konkrete Handlungsansätze für ihren Umgang mit dementiell erkranken Menschen diskutieren.
Der Welt-Alzheimer-Tag möchte auf die Situation von Demenzkranken und insbesondere ihren Angehörigen aufmerksam machen. Alzheimer ist die Herausforderung der nächsten Jahre für Familien und ambulante Dienste, für Pflege-heime und für unsere Gesellschaft!

Hintergrundinformationen: Demenz und Alzheimer

Frau M. ist an Alzheimer erkrankt. Sie lebt mit ihrem 82 jährigen Ehemann zu-sammen. Seit 1 Jahr steht die Diagnose fest. Die Veränderungen zeigten sich jedoch schon seit etwa 5 Jahren. Damals ist dem Ehemann aufgefallen, dass seine Frau immer vergesslicher wurde, dauernd alles Mögliche verlegt hat, das Interesse an jahrzehntelangen Vorlieben verlor und häufig wechselnde Stimmungen ihn fast zur Verzweiflung getrieben haben.
Heute weiß Frau M. nach 5 Minuten nicht mehr, was sie gegessen hat, sie findet häufig die Toilette nicht mehr, steht am Waschbecken und weiß nicht mehr, wie sie sich die Zähne putzen soll, versteht nicht mehr, was es heißt, den Rock anzuziehen, ist nicht mehr in der Lage einen Kartoffelsalat zu machen.
Ihr Ehemann, bis vor 5 Jahren von seiner Ehefrau liebevoll umsorgt, muss nun seine Frau versorgen, muss selbst kochen, was er vorher noch nie getan hat, muss seine Frau waschen, auch dann, wenn sie Hilfe ablehnt und behauptet, sie hätte doch gerade eben erst gebadet. Er ist den ganzen Tag angebunden, muss nachts meist 2 Mal aufstehen, ist häufig verzweifelt, wie es denn weitergehen kann und soll - er ist psychisch und physisch am Ende!
So wie Herrn und Frau M. geht es vielen Familien, in denen ein Mitglied an Alzheimer erkrankt ist und es werden alleine aufgrund der demografischen Entwicklung leider immer mehr.

Demographische Entwicklung 

Die Zahl der Demenzkranken nimmt aufgrund der demografischen Entwicklung laufend zu. Die Bevölkerung wird immer älter und damit steigt schon allein altersabhängig die Zahl der Kranken.
Derzeit leben in Baden Württemberg zwischen 80.000 bis 110.000 Menschen mit einer fortgeschrittenen Demenz. Im Landkreis Reutlingen sind es statistisch gesehen ca. 2.500 Erkrankte und in 10 Jahren werden es ca. 3.300 sein.
Nach einer Untersuchung in Baden-Württemberg sind 5-7% aller über 65 jährigen betroffen. Bei den 65 bis 70 jährigen sind 2 % betroffen. In der Altersgruppe zwischen 85 und 90 Jahren steigt der Anteil auf 21% und bei den über 90jährigen sogar auf 33% an. Und dies einfach deshalb, weil diese Krankheit stark altersabhängig ist und demzufolge auch mit zunehmenden Alter häufiger auftritt.
Untersuchungen haben auch gezeigt, dass nach wie vor (etwa 80%) die meisten Alzheimerkranken zuhause betreut und gepflegt werden, häufig ohne die Inanspruchnahme fremder Hilfen und das über viele Jahre hinweg und rund um die Uhr.
Die große psychische und physische Dauerbelastung der Angehörigen eines Demenzerkranktenist bereits häufigster Grund für die Übersiedelung in ein Pflegeheim. In Pflegeheimen leiden ca. 60-70% der Bewohner an einer Demenz.
Trotz dieser Größenordnung wird eine Alzheimererkrankung in den ersten Jahren von Angehörigen nach wie vor tabuisiert, mit „Schweigen“ oder im Stillen ertragen. Offen auszusprechen, dass der Ehemann oder die Mutter an Alzheimer leidet, erfordert sehr viel Mut und braucht Verständnis im sozialen Umfeld.

 

Krankheitsbild

Zu den Symptomen von Demenz (lat: Ent-Geistigung) wie Nachlassen des Gedächtnisses, des Denkens, Verstehens und der Sprachfähigkeiten kommen im fortgeschrittenen Stadium zeitliche und örtliche Orientierungsschwierigkeiten hinzu. Selbst vertraute Personen, wie der Partner oder die Partnerin, die eigenen Kinder, werden nicht mehr erkannt. In einem fortgeschrittenen Stadium benötigt der Erkrankte zunehmend Unterstützung und Hilfe bei der Bewältigung des Alltags, bei der Körperpflege, braucht häufig oder ständig Beaufsichtigung. Erhalten bleibt die Gefühlswelt, insbesondere das Erfassen einer Atmosphäre. Auch das Langzeitgedächtnis bleibt sehr viel länger erhalten als das Kurzzeitgedächtnis.
Eine Demenz ist eine Krankheit, hervorgerufen durch den Untergang von Nervenzellen und Nervenzellkontakten im Gehirn.
Krankheiten, die in erster Linie zu einer Demenz führen, sind eine:
°   Alzheimer Demenz ca. 60 % der Erkrankungen
°   Vaskuläre Demenz ( auch Multi-Infarkt-Demenz) ca. 15%
°   Mischformen aus Alzheimer – und vaskulärer Demenz bei  weiteren 15%
°   Weitere 10% der Demenzerkrankungen können durch Krankheiten wie Parkinson, Alkoholabusus, Stoffwechselstörungen, Tumoren verursacht werden. Diese Krankheiten sind behandel- und therapierbar.

Diagnostik

Ob es sich um eine Alzheimer- oder Vasculäre Demenz handelt, sollte durch einen Facharzt der Psychiatrie/Neurologie abgeklärt werden. Wichtig ist auch, andere Erkrankungen wie z.B. eine Depression auszuschließen, die ähnliche Symptome wie das Anfangsstadium einer Demenz hervorrufen kann, aber oftmals behandlungsfähig ist.

Therapie

Derzeit ist die Alzheimer Krankheit nicht heilbar, mit Anti-Dementiva kann  der Krankheitsverlauf jedoch verzögert werden.

 

Hilfestellungen

Von ganz besonderer Wichtigkeit ist während des gesamten Krankheitsverlaufes, im Durchschnitt ca. 10 Jahre , der Umgang mit den Demenzkranken.
Die Krankheit zu verstehen und aus diesem Verstehen heraus geeignete Umgangsformen zu entwickeln und insbesondere auf eine dem Kranken bzw. der Krankheit entsprechende angenehme Atmosphäre zu schaffen ist die große Herausforderung und Chance zugleich für Familien und Institutionen.
Um die Pflege und Betreuung auf längere Sicht bewältigen zu können, müssen Angehörige lernen, neben dem Kranken auch sich selbst ernst zu nehmen und nicht über ihre eigenen Grenzen und Kräfte hinaus zu pflegen. Wenn die eigenen Kräfte erschöpft sind, tritt meistens das ein, was insbesondere pflegende Angehörige durch ihre meist aufopfernde Betreuung und Pflege verhindern möchten – die Notwendigkeit der Umsiedelung in ein Altenpflegeheim.
Gerade im Landkreis Reutlingen gibt es eine ganze Reihe von entlastenden Hilfen und begleitenden Angeboten für Angehörige speziell von Demenzkranken.

DRK Alzheimer Beratungsstelle

Zu diesen Angeboten gehören auch immer wieder die Veranstaltungen zum Welt-Alzheimer-Tag, organisiert von der DRK Alzheimer Beratungsstelle und der Altenhilfe Fachberatung des Landkreises Reutlingen. Regelmäßig bietet diese Vorträge und Kurse für Pflegekräften, pflegenden Angehörigen und Interessierten an.
Weitere Informationen und Auskünfte erhalten Sie gerne bei der DRK Alzheimer Beratungsstelle, Susanne Fieselmann, 0 71 21/34 53 97 31, per Email alzheimerberatung@drk-kv-rt.de oder hier im Internet.